In den 1950er Jahren noch ein beliebter Ausflugsort steht das Café Seeterrassen in Planten un Blomen aktuell leer. Nachdem die Messe 2020 überraschend Abrisspläne veröffentlichte, begann eine große öffentliche Diskussion über das Gebäude, mit dem viele Menschen in Hamburg noch positive Erinnerungen verbinden.
Die Bauten der 1950er Jahre haben es in Hamburg nicht leicht – nun droht ein weiteres elegantes Dokument dieser Zeit zu verschwinden: Das Café Seeterrassen in der denkmalgeschützten Parkanlage Planten un Blomen. Claas Gefroi, Architekturkritiker und Vorstandsmitglied im Denkmalverein, hat mit einer Online-Petition im Juli 2020 Stimmen für die Erhaltung gesammelt und damit eine breite Diskussion über die Zukunft des Cafés angestoßen. Um für die Erhaltung zu werben, hat die Designerin Ulrike Krages eine Visualisierung eines revitalisierten Cafés samt zeittypischer Möblierung entwickelt (siehe Bildergalerie unten).
Zur Geschichte des Gebäudes und seiner Umgebung:
Ein besonderer Charme von Planten un Blomen liegt in der nahezu ungestörten Illusion, beim Betreten eine Art Zeitreise in die Nachkriegszeit zu unternehmen: Üppige Blumenrabatten, geometrische Wasserbecken und zahlreiche sorgfältig gestaltete Platzanlagen vermitteln das Lebensgefühl und die gestalterischen Qualitäten eines gesellschaftlichen Wiederaufblühens nach den Schrecken des zweiten Weltkrieges – ungestört von Neubauten, die diese Illusion sofort zerstören würden. Mehrere Internationale Gartenbauausstellungen (1953, 1963 und 1973) haben die Anlage immer wieder neu geprägt, und das Café Seeterrassen gehört heute zu den wenigen Bauten, die noch aus den 1950er Jahren erhalten sind.
Entworfen hat es der Hamburger Architekt Ferdinand Streb, der nach dem Krieg auch den Alsterpavillon, das Springer Verlagshaus und die Idunabauten nahe der Alster schuf und zudem einer der Planer der Grindelhochhäuser war. Als bescheidenes aber doch elegantes Bauwerk ist das Café daher ein wichtiges Zeitzeugnis der Nachkriegsmoderne, steht jedoch aufgrund von nachträglichen Veränderungen leider nicht unter Denkmalschutz. Der Pavillon wurde als Teil des Parks für die Internationale Gartenbauausstellung 1953 errichtet. Der moderne Cafébau war eine wichtige Korrektur der vom NS-Geist durchwehten Gestaltung der Niederdeutschen Gartenschau 1935, die hier eine niederdeutsch anheimelnde Bauernschänke mit Reetdach hinterlassen hatte. Im Aufbruch der Nachkriegszeit wollte man sich jedoch zu einer bescheidenen Moderne bekennen, so die Einschätzung von Frank Pieter Hesse, dem ehemaligen Landeskonservator Hamburgs.
Das Café Seeterrassen ist ein integraler Bestandteil der Parkanlagen und fügt sich mit seiner Winkelform sensibel in die Topographie am Parksee. Architektonisch ist das Gebäude herausragend: Helle Steinverkleidungen, große Glasflächen, elegant geschwungene Treppen sowie ein auskragendes flaches Dach prägen den zweistöckigen Pavillonbau. Die dazugehörigen Terrassen betten ihn behutsam ein die Parklandschaft. Durch eine fachgerechte Sanierung und Modernisierung könnte der Bau zu überschaubaren Kosten wieder zu einer beliebten Ausflugsadresse Hamburgs und zu der architektonischen Kostbarkeit werden, die es einst war. Bundesweit sind bereits vergleichbare Parkcafés saniert worden, wie z.B. der Seepavillon an der Buschmühle Dortmund oder das Nola im Berliner Weinbergspark. Ein Abriss des Café Seeterrassen hingegen würde einen irreparablen Schaden für das Parkdenkmal Planten un Blomen bedeuten, das zu den bekanntesten Parks in Deutschlands zählt.
Presseberichten im Jahr 2020 war zu entnehmen, dass das Gebäude und die Planung des Neubaus von der Sprinkenhof GmbH in die Hände der Hamburg Messe und Congress GmbH übergehen sollte. Dabei drängte sich der Eindruck auf, dass in einem öffentlichen Parkgelände eine Location realisiert werden soll, die für Events und geschlossene Veranstaltungen der Hamburg Messe u.ä. genutzt wird. Dadurch würde ein bislang öffentlicher Ort der Allgemeinheit entzogen und der Charakter des Parks massiv gefährdet. Bei mehreren runden Tischen u.a. mit dem Freundeskreis "Planten un Blomen", dem Bezirk und der Messe wurde beschlossen, dass noch einmal eine ausführliche Bestandsuntersuchung stattfinden soll. Ein von der Umwelt-, der Stadtentwicklungsbehörde und der Bezirksversammlung Mitte beauftragtes Gutachten prüft nun die baulichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen sowie verschiedene Varianten des Umgangs mit dem Gebäude. Die Ergebnisse sollen laut Berichterstattung des Abendblattes im Frühjahr 2022 vorliegen.
Abriss und Neubau dürften in heutigen Zeiten keine Option mehr sein. Schon aus ökologischen Gründen sollte das Bauen im Bestand und die Ertüchtigung von Vorhandenem oberste Priorität haben. Da die Stadt Hamburg selbst Eigentümerin des Gebäudes ist, ist sie keinen Ansprüchen Dritter unterworfen und sollte an dieser Stelle ein Zeichen für die historische Baukultur und eine nachhaltige Stadtentwicklung setzen.
Im Frühjahr 2022 wurde bekannt, dass das Café inzwischen so stark von Schimmel befallen ist, dass keine temporäre Nutzung mehr möglich ist. Es ist sehr bedauerlich, dass der Bezirk Mitte keine Zwischennutzung ab 2020 ermöglicht hat, die den weiteren Verfall des Gebäudes aufgehalten hätte. Der Schimmelbefall steigert die Kosten für die Steuerzahlenden - unabhängig davon, ob das Gebäude abgerissen oder saniert würde. Das Café Seeterassen sollte dringend saniert werden, denn mit seiner eleganten Architektur der Nachkriegszeit ist es unverzichtbar für das Parkdenkmal Planten un Blomen.
Modellaufnahme: Rud. Ohnesorge (Hamburg)
Historische Fotos: Grubenbecher, Photo Kay (Hamburg)
Aktuelles Foto: Fotografie Dorfmüller Klier
Visualisierung: Ulrike Krages